Die Komödie! [The comedy!], 2025
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Ventilatoren, Papier / Fans, paper
Maße variabel / Dimensions variable

 

Printed on the red sheets is the text of the May 1 flyer for the circulation of which Karl Liebknecht was arrested and convicted in this court. Auf zur Maifeier!, April 1916.

Souce:
https://www.marxists.org/deutsch/archiv/liebknechtk/1916/04/maifeier.htm

 

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Auf zur Maifeier!
(April 1916)
3. In der Internationale liegt der Schwerpunkt der Klassenorganisation des Proletariats …
4. Die Pflicht zur Ausführung der Beschlüsse der Internationale geht allen anderen Organisationspflichten voran …(Leitsätze)
Genossinnen und Genossen!

Zum zweiten Male steigt der Tag des 1. Mai über dem Blutmeer der Massenmetzelei auf. Zum zweiten Male findet der Weltfeiertag der Arbeit die proletarische Internationale in Trümmer geschlagen, während die Kämpferscharen des völkerbefreienden Sozialismus als widerstandsloses Kanonenfutter des Imperialismus einander abschlachten.

 

Die sozialistische Internationale liegt seit zwei Jahren da- nieder. Und was haben die Arbeiter aller Länder, was haben die Völker gewonnen? Millionen von Männern haben bereits ihr Leben gelassen auf Geheiß der Bourgeoisie. Millionen sind zu elenden Krüppeln geschlagen. Millionen von Frauen sind zu Witwen, ihre Kinder zu Waisen gemacht, in Millionen Frauen sind unstillbares Leid und Trauer eingezogen. 

Nicht genug!

Not und Elend, Teuerung und Hungersnot herrschen in Deutschland, in Frankreich, in Rußland. Belgien aber, Polen und Serbien, die von dem Vampyr des deutschen Militarismus bis aufs Blut und auf das Mark der Knochen ausgesogen werden, gleichen großen Friedhöfen und Trümmerhaufen. Die ganze Welt, die vielgerühmte europäische Kultur gehen zugrunde in der entfesselten Anarchie des Weltkrieges.

Und zu wessen Nutz und Frommen, zu welchem Zwecke all diese Schrecken und Bestialitäten? 

Damit die ostelbischen Junker und die mit ihnen versippten kapitalistischen Profitmacher durch Unterjochung und Ausbeutung neuer Länder ihre Taschen füllen können. 

Damit die Scharfmacher von der schweren Industrie, die Heereslieferanten von den blutigen Leichenfeldern goldene Ernten in ihre Scheunen schleppen. Damit Börsenjobber mit Kriegsanleihen Wuchergeschäfte treiben. 

Damit Lebensmittelspekulanten sich auf Kosten des hungernden Volkes mästen.

Damit der Militarismus, die Monarchie, die schwärzeste Reaktion in Deutschland zur nie dagewesenen Macht, zur ungeteilten Herrschaft emporsteigen.

Um ihre schlimmsten Feinde stark und übermütig zu machen, läßt sich die Arbeiterklasse wie eine Herde Schafe zur Schlachtbank treiben. Und die blutige Orgie findet gar kein Ende, ja, sie dehnt sich immer weiter aus! Morgen vielleicht wird sich der Völkermord auf neue Länder und Weltteile erstrecken. Die deutschen Kriegshetzer treiben mit Macht zum Kriege mit den Vereinigten Staaten. Morgen vielleicht sollen wir das Mordeisen gegen neue Bruderscharen, gegen die Brust unserer amerikanischen Arbeits- und Kampfgenossen zücken!
Arbeiter! 

Parteigenossen! 

Ihr Frauen des Volkes!

Wie lange wollt ihr dem Spuk der Hölle ruhig und gelassen zusehen? Wie lange wollt ihr dem Verbrechen der Menschenmetzelei, die Not und den Hunger ertragen? Bedenkt! solange sich das Volk nicht rührt, um seinen Willen kundzutun, wird der Völkermord nicht aufhören. Oder aber er hört erst dann auf, wenn alle Länder an den Bettelstab gebracht, wenn alle Völker zugrunde gerichtet sind, wenn von der sogenannten Kultur nicht ein Steiin auf dem andern geblieben ist. Die Reichen können noch lange den Krieg „durchhalten“. Sie leiden keinen Hunger, sie haben üppige Vorräte eingehamstert, sie machen ja die schönsten Geschäfte bei der Metzelei, sie stärken ihre politische Herrschaft durch den Selbstmord der Arbeiterklasse. Aber wir, aber das arbeitende Volk aller Länder, wollen wir noch lange mit eigenen Händen unsere Ketten fester schmieden?

Arbeiter, Parteigenossen! 

Genug des Brudermordes! 

Der 1. Mai kommt als Mahner, er pocht an eure Herzen, an euer Gewissen. Der Verrat am Sozialismus, an der internationalen Solidarität der Arbeiter hat die Völker ins Verderben des Weltkrieges gestürzt. Nur die Rückkehr zum Evangelium des völkerbefreienden Sozialismus, zur proletarischen Internationale kann die Kultur, die Arbeitersache aus dem Abgrund retten. 

Zeigt denn am 1. Mai, daß dieses Evangelium in euren Herzen und Hirnen lebt. Beweist den herrschenden Klassen, daß die Internationale, daß der Sozialismus nicht tot sind, daß sie mit neuer Kraft wie ein Phönix aus der Asche emporsteigen! 

Die proletarische Internationale kann nicht in Brüssel, in Haag oder in Bern durch ein paar Dutzend Leute wieder aufgerichtet werden. Sie kann nur aus der Tat der Millionen auferstehen. Sie kann nur hier in Deutschland wie drüben in Frankreich, in England, in Rußland auferstehen, wenn die Massen der Arbeiter allenthalben selbst die Fahne des Klassenkampfes ergreifen und ihre Stimme mit Donnergewalt gegen den Völkermord erschallen zu lassen.

Arbeiter, Parteigenossen und ihr Frauen des Volkes! 

Laßt diesen zweiten Maifeiertag des Weltkrieges nicht vorübergehen, ohne ihn zur Kundgebung des internationalen Sozialismus, zum Protest gegen die imperialistische Metzelei zu gestalten.

Am 1. Mai reichen wir über alle Grenzsperren und Schlachtfelder hinweg die Bruderhand dem Volke in Frankreich, in Belgien, in Rußland, in England, in Serbien, in der ganzen Welt! 

Am 1. Mai rufen wir vieltausendstimmig:

Fort mit dem ruchlosen Verbrechen des Völkermordes! Nieder mit seinen verantwortlichen Machern, Hetzern und Nutznießern! 

Unsere Feinde sind nicht das französische, russische Volk, sondern das sind deutsche Junker, deutsche Kapitalisten und ihr geschäftsführender Ausschuß: die deutsche Regierung. Auf zum Kampfe gegen diese Todfeinde jeglicher Freiheit, zum Kampfe um alles, was das Wohl und die Zukunft der Arbeitersache, der Menschheit und der Kultur bedeutet!

Schluß mit dem Kriege! Wir wollen Frieden!

Hoch der Sozialismus! Hoch die Arbeiter-Internationale!

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!

 

 

ENGLISH VERSION
 

 

Off to the May Day celebration!

April 1916

3. In the International lies the focus of the class organisation of the proletariat …

4. the duty to carry out the decisions of the International takes precedence over all other organisational duties …

(Guiding Principles)

Comrades and comrades!

For the second time, the day of May 1st rises above the sea of blood of mass butchery. For the second time, the international worker’s holiday finds the proletarian International shattered into ruins, while the fighting forces of people-liberating socialism, slaughter each other as unresisting cannon fodder for imperialism.

The socialist International has been down for two years. And what have the workers of all countries, what have the peoples gained? Millions of men have already lost their lives at the behest of the bourgeoisie. Millions have been reduced to miserable cripples. Millions of women have been widowed, their children orphaned, millions of women have been filled with unquenchable sorrow and grief.

Not enough!

Hardship and misery, inflation and famine prevail in Germany, France, and Russia. But Belgium, Poland, and Serbia, sucked dry to the blood and marrow of their bones by the vampire of German militarism, resemble vast cemeteries and heaps of rubble. The whole world, the much-vaunted European culture, is perishing in the unleashed anarchy of the world war.

And for whose benefit and piety, for what purpose all these horrors and bestialities?

So that the Eastern Albanian Junkers and the capitalist profiteers associated with them can fill their pockets by subjugating and exploiting new countries.

So that the agitators from heavy industry and the army suppliers from the bloody fields of corpses can haul golden harvests into their barns.

So that stock market jobbers make usurious profits with war bonds.

So that food speculators fatten themselves at the expense of the starving people.

So that militarism, the monarchy, the darkest reaction in Germany rise to unprecedented power, to undivided rule.

In order to make its worst enemies strong and overconfident, the working class is being led to the slaughter like a herd of sheep. And there is no end to the bloody orgy, indeed, it continues to expand! Tomorrow, perhaps, the genocide will extend to new countries and parts of the world. The German warmongers are pushing hard for war with the United States. Tomorrow, perhaps, we shall draw out the murder iron against new bands of brothers and sisters, against the chests of our American working and fighting comrades!
Workers!

Party comrades!

You women of the people!

How long will you calmly and serenely watch the haunting of hell? How long will you endure the crime of human butchery, the misery and hunger?

Remember, as long as the people do not move to make their will known, the genocide will not stop. Or it will only stop when all countries have been brought to the begging staff, when all peoples have been destroyed, when not one stone of the so-called culture has been left upon another.

The rich can ‘hold out’ against war for a long time. They do not suffer from hunger, they have stockpiled abundant supplies, they make the best deals in butchery, they strengthen their political rule through the suicide of the working class.

But we, the working people of all countries, do we want to forge our chains tighter with our own hands for much longer?

Worker, comrades of the party!

Enough of fratricide!
May 1st comes as a reminder, knocking on your hearts, on your conscience. The betrayal of socialism, of the international solidarity of the workers, has plunged the peoples into the ruin of the world war. Only a return to the gospel of liberating socialism, to the proletarian International, can save culture and the cause of the workers from the abyss.

Show on May 1st that this gospel lives in your hearts and minds. Prove to the ruling classes that the International, that socialism, is not dead; that they will rise again with new strength like a phoenix from the ashes!

The proletarian International cannot be reestablished in Brussels, in The Hague, or in Bern by a few dozen people. It can only rise from the deeds of millions. It can only rise here in Germany, as well as in France, England, and Russia, when the masses of workers everywhere take up the banner of the class struggle themselves and let their voices thunder mightily against genocide.

Workers, party comrades and women of the people!

Let this second May Day of the world war not pass without turning it into a demonstration of international socialism, a protest against imperialist butchery.

On May 1st we extend our brotherly hand to the people in France, in Belgium, in Russia, in England, in Serbia, in the whole world, across all border barriers and battlefields!

On May 1st we shout in unison by the tens of thousands:

Away with the nefarious crime of genocide!

Down with its responsible perpetrators, agitators and beneficiaries!

Our enemies are not the French or Russian people, but the German Junkers, German capitalists and their executive committee: the German government. Let us fight against these mortal enemies of all freedom, fight for everything that means the well-being and the future of the workers’ cause, of humanity, and of culture!

Stop the war! We want peace!

Hurray for socialism! Hail to the Workers’ International!

Proletarians of all countries, unite!